Chappie

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Interview Neill Blomkamp

Interview Sigourney Weaver

Interview: Mathilde Bernard

Sigourney Weaver: «Ein Film für die ganze Familie»

Neill Blomkamp: «Johannesburg ist zum kotzen»

BERLIN Nach “District 9“ und „Elysium“ meldet sich Neill Blomkamp mit einem denkenden, fühlenden Roboter zurück. Niemand Geringeres als „Alien“-Star Sigourney Weaver konnte für die Rolle als Michelle Bradley verpflichtet werden. Kinowetter traf die beiden zum Interview und fand einiges über „Chappie“ und Johannesburg heraus.

Sigourney Weaver, sind Sie zufrieden mit dem Film? Ja, sehr. Ich habe „District 9“ geliebt. Es war mein heimliches Verlangen, eines Tages mit Neill Blomkamp gemeinsame Sache zu machen. Ich habe nie jemandem davon erzählt. Selbst meine Agenten wussten nicht Bescheid. Das Drehbuch habe ich dann zufälligerweise an meinem Geburtstag erhalten. Dass es sich lediglich um eine kleinere Rolle handelte, war mir gleichgültig. Ich wäre für jeden Part zu haben gewesen. Ich mag den Film, er ist ausgefallen und stilvoll, gleichzeitig aber auch witzig und berührend. Es ist ein Film für Jedermann.

Wie fühlt es sich an, in den Augen vieler Menschen als Ikone wahrgenommen zu werden? Ich weiss nicht wirklich, was das bedeutet. Eigentlich tue ich das nur im Rahmen einer Pressesituation. Ich fühle mich sehr geehrt, da ich schon sehr früh das Glück hatte, in „Alien“ mitzuspielen. Diese Rolle katapultierte mich umgehend auf eine gewisse Position in der Filmindustrie. Ich war dann dazu in der Lage, während meiner Karriere einige Dinge auszuprobieren. Als Ikone bezeichnet zu werden, schmeichelt mir. Aber wenn das meine Familie hört, lacht sie. Für sie bin ich „nur“ eine Mutter.

Sie haben auch viele junge Fans. Es freut mich sehr, dass so viele Fans an die Premiere von „Chappie“ gekommen sind und dass so viele, junge Mädchen und Jungs dabei waren, die mit mir ein Selfie gemacht haben. Es berührt mich sehr und ich habe auch keine Ahnung, wieso das so ist. Vielleicht ja, weil sich mich aus „Avatar“ kennen. Mein Mann und ich arbeiten in einem Theater in New York, wo wir viele junge Schauspieler und Schauspielerinnen kommen und gehen sehen. Ich persönlich hatte grossartige Mentoren, als ich anfing, mich als Schauspielerin zu entfalten. Ich habe sehr viel von ihnen gelernt und ihr Arbeitsverhältnis blieb mir in Erinnerung, ich erinnere mich täglich daran. Es ist natürlich eine Verantwortung. Aber es ist sehr wichtig, uns gegenseitig zu unterstützen. Deshalb berührt es mich sehr, wenn eine junge Person mich als Vorbild nimmt.

Sie sind 65. Ärgert es Sie, wenn jemand sagt, dass Sie für eine Frau Ihres Alters gut aussehen, das Thema beim Mann jedoch ignoriert wird? Es grenzt ein wenig an Altersdiskriminierung. Als jemand, die es selbst ist, muss ich sagen, ältere Frauen fantastisch zu finden. Ich bin stolz darauf, 65 zu sein. Meine Mutter war auch immer wohlauf. Wir können uns gemeinsam um den jeweils anderen kümmern und uns gegenseitig inspirieren. Einen anderen Konflikt sprach Patricia Arquette im Rahmen der diesjährigen Academy Awards an, der allerdings nicht nur das Filmbusiness betrifft. Zumindest in Amerika werden Frauen schlechter bezahlt als Männer, was wir nicht akzeptieren sollten. Wir müssen uns zusammentun und etwas dagegen unternehmen.

Und trotzdem bekommen Schauspielerinnen ab 40 mittlerweile viel bessere Rollen als noch vor zehn Jahren, oder sehen Sie das anders? Nein, es ist wahr. Eigentlich ist es für alle Altersklassen schwierig, interessante Rollen in ebenso interessanten Filmen zu ergattern. Aber ich denke, wenn man das mittlere Alter gut überstanden hat, wendet sich schon alles zum Guten. (lacht) Man siehe sich nur Maggie Smith, Vanessa Redgrave, Judi Dench, Helen Mirren, Meryl Streep und Julianne Moore an, die mich tagtäglich inspirieren. Die Drehbuchautoren denken an uns und schreiben grossartige Rollen, die auf uns zugeschnitten sind. Ausserdem wird die Zugkraft von Frauen am Box Office immer wieder unterbewertet. Die Studios glauben, dass alle nur Hugh Jackman sehen wollen und natürlich wollen wir das. Aber weibliche Protagonisten können auch ziehen.

Und jetzt kehren Sie schon bald als Ripley in Alien 5 auf die Bildfläche zurück. Oh ja. Wir sprechen schon seit gut einem Jahr darüber und es war richtig hart, dieses Geheimnis für mich zu behalten. (lacht) Nun ist es ja aber keines mehr. Neill Blomkamp und ich sind beide erfreut und ich kann mir keinen besseren Regisseur vorstellen, dem ich das Franchise anvertrauen würde. Wobei ich es hasse, „Alien“ als Franchise zu betiteln. Sagen wir einfach, die Geschichte. Wir wollen das Ende erzählen. Ich für meinen Teil war mir nie ganz sicher, wie wir das Kapitel abschliessen wollen. Es war nie in meinem Interesse, noch einen Film zu machen, nur um ihn gemacht zu haben. Das musste wohl so sein.

„Chappie“ zeigt uns indirekt die Kriminalität, mit der viele Menschen tagtäglich zu kämpfen haben. Wie erklären Sie Ihren Kindern die Schlechten Dinge im Leben? Aufgrund der Altersfreigabe werden Teenager in den USA nicht die Gelegenheit dazu haben, den Film im Kino zu sehen, obwohl es eigentlich sehr wichtig wäre, dass ihn sich junge Menschen zu Gemüte führen. Allein schon, weil Chappie selbst wie ein Kind bzw. Teenager agiert. Er lebt in einer sehr negativen Umgebung und hat äusserst merkwürdige Vorbilder. Er findet immer wieder eine Lösung, zu überleben. Er muss sich mit Schikane und anderen Dingen auseinandersetzen, mit denen sich Kinder bzw. Teenager herumschlagen müssen. Es ist eine grossartige Coming-of-Age Geschichte. Natürlich gibt es viel Action und Humor, aber für mich ist es in erster Linie eine sehr berührende, klassische Handlung. Die einzigen Gründe, wieso sich Teenager den Film in den USA nicht ansehen dürfen, sind eine Reihe von bösen Schimpfwörtern. Für die amerikanische Behörde ist es das schlimmste überhaupt, die Gewalt dagegen nicht. (lacht) ____________________________________

Neill Blomkamp, Sie haben wieder in Südafrika gedreht. War es schwierig, dort die passenden Locations zu finden? An einigen Orten wollte ich schon Filme drehen, als ich noch ein Kind war. Zum Beispiel im Turm. Als ich noch jünger war und dort lebte, war das eine absolute Grauzone. Selbst die Polizei wäre da nicht rein, ausser sei täten es zu zehnt. Zwei Polizisten wären aber sofort getötet und hinab geworfen worden. Ernsthaft. Es war der Mittelpunkt der Kriminalität. Ich konnte deshalb nie in das Gebäude hinein, liebte es aber. Dann gab es ja noch das Gebäude, in dem „Die Antwoord“ hausten. Dort wollte ich auch drehen. Zwei Wochen nach Ende unserer Drehphase fiel das Gebäude in sich zusammen und nahm drei Menschen das Leben. Dort wurde 15 Jahre lang Metall entwendet. Als wir gedreht haben, wurden diese Arbeiten einen Monat lang auf Eis gelegt. Als sie danach den letzten Träger zerschnitten, stürzte es schliesslich über sie ein.

Sie wohnen in Vancouver, wieso nicht in Los Angeles? Das Problem an Los Angeles ist, dass sich dort die Filmindustrie befindet. Ich habe jüngere Geschwister und meine Mutter zog in Johannesburg aus, als ich 18 war. Ich bin dann mit ihnen nach Vancouver gezogen. Ich dachte zwar, nach Kalifornien umziehen zu wollen, aber irgendwann fand ich es unnötig.

Aber Sie lieben Südafrika trotzdem, wenn Sie dort alle Filme drehen, oder? Selbst wenn man erwachsen ist, lässt einen Johannesburg nicht los. Es ist eine bizarre Stadt. Die Geschichte ist verrückt und formt einen als Person. So sehr ich den Ort mag, hasse ich ihn auch. Johannesburg ist zum kotzen. Es ist eine Art Hassliebe. Ich liebe es, weil man auf dem Rand eines Messers spaziert, hasse es aber, weil dir das Messer eines Tages womöglich die Kehle aufschlitzt.

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